Jane Austen: Stolz und Vorurteil

imageAls Liebhaber von Südengland mag ich außer Reportagen fiktive Erzählungen aus und über diese Regionen. Jane Austen und die Brontë-Schwestern sind Schriftstellerinnen, an denen man nicht vorbei kommt. Deshalb bin ich erneut in das England des 18. Jahrhunderts eingetaucht.

Erzählt wird die Geschichte von Elizabeth Bennet, der zweitältesten von fünf Töchtern der Familie. Eines der wichtigsten sozialen Themen dieser Zeit ist die Einkommensicherung für die Kinder. Im Falle der Bennets, die nur weibliche Nachkommen haben, heißt das, die Töchter müssen möglichst gut verheiratet werden. Es dreht sich alles darum, die Mädels unter die Haube zu bringen. Das gestaltet sich mal mehr, mal weniger schwierig. Problematisch scheint es zu sein, die richtigen Männer zu finden. Denn auch diese sind in so manchem Fall auf eine gute Partie aus, weil sie selbst beispielsweise als Erstsohn alles Geld als Lebemann durchbringen oder als Drittsohn nicht viel von ihren Eltern erwarten können. Zwar steht Elizabeth im Fokus des Romans, doch viele unterschiedliche Varianten desselben Themas sind über deren Schwestern und Freundinnen erlesbar. Besonders schön an diesem Roman ist, dass Austen selbst in dieser Zeit gelebt hat und das Bild der Gesellschaft und des Leben auf dem Lande der leicht besser Begüterten kaum identischer sein kann.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Auch der Stil, den die Übersetzerin der Originalversion entnommen hat, ist passend getroffen. Aber die Übersetzung und der Satz schmälern das Lesevergnügen. An einigen Stellen sind Wörter gänzlich falsch übersetzt und lassen den Leser den Zusammenhang erraten, oder eben nicht.
Wenn ein Verlag glaubt, er müsse bei E-Books nicht auf Satz achten, um das Lesen für den Leser angenehmer zu machen, der irrt. Wenn mich nicht die Geschichte gepackt hätte, hätte ich das Buch so manches Mal beiseitelegen wollen. Selbst für 99 Cent kann man seine Leser vergraulen. Schade.

Austen, Jane
Stolz und Vorurteil
aus dem Englischen von Karin von Schwab
hummingbooks
Kindle Version

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

Minette Walters: Der Nachbar

clip_image002Sicherlich, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich einen Roman von Minette Wolters in den Händen halte. Bei meiner Englandaffinität muss schließlich ein solcher Roman von mir gelesen werden. Die britische Schriftstellerin ist dafür bekannt, dass ihre Krimis und Thriller einen starken britischen Charakter aufweisen. Ihr Roman „Der Nachbar“ erschien 2001 und verbindet auf hervorragende Weise die Kriminalermittlung um ein vermisstes Mädchen mit einem gänzlich anderen Thema.

Darum geht es in dem Roman: In der Sozialsiedlung Bassindale bei Southampton schlägt bei der Bevölkerung die Aufregung in Chaos um. Ein zehnjähriges Mädchen ist verschwunden. Die Leute sind besorgt. Da sickert dank einer Sozialarbeiterin durch, dass in der Siedlung ein Sexualstraftäter unter einer neuen Identität einquartiert worden war. Die Erregung der Leute um das Verschwinden des kleinen Mädchens schlägt um in Hass. In Demonstrationen wollen sie ihrer Wut freien Lauf lassen. Doch unter die Demonstranten mischen sich auch randalierende Jugendliche. Unter Alkohol- und Drogeneinfluss basteln sich die Jugendlichen Benzinbomben und wollen diese gegen den Kinderschänder, den sie für den Entführer des kleinen Mädchens halten, einsetzen. Das kleine Viertel verwandelt sich in einen Hexenkessel. Es gibt Tote und zahllose Verletzte. Während ein großes Polizeiaufgebot unter Zuhilfenahme eines Polizeihubschraubers versucht wird, der Lage in dem Viertel Herr zu werden, forciert eine kleine Einsatzgruppe der Polizei die Ermittlungen im Falle der verschwundenen Amy.

Die Autorin hat den Roman in zwei Parallelhandlungen aufgeteilt. Da ist zum einen der Strang um die Ausschreitungen in dem Sozialviertel und zum anderen die Jagd und Suche nach dem Mädchen und ihrem Entführer. Gespickt wird die Handlung immer wieder mit Protokollen von der Polizei, die dem Ganzen den Hauch einer Liveberichterstattung geben. Vom Polizeihubschrauber aus wird die ganze Szenerie beobachtet und immer wieder ein Überblick über die Randalierer gegeben. Als die Randalierer das Oberwasser gewinnen, geraten selbst die Initiatoren der Demonstrationen in das Fadenkreuz dieser Rowdys. Der erste Tote allerdings ist selbst einer von den Randalierern, der durch seine eigene Benzinbombe in Brand gerät. Die hilfsbereite Ärztin gerät in die Fänge des Sexualstraftäters und seines Vaters. Dieser ist polnischer Abstammung und geht wahrlich nicht zimperlich mit der Ärztin um. Auch das gesamte Chaos im Viertel ist bildhaft beschrieben und versetzt den Leser in eine chaotische Ausnahmesituation. Chronologisch parallel erfährt der Leser von der Suche nach den zehnjährigen Mädchen. Dabei kommt es immer wieder sporadisch zu Kontakten mit den Leuten im Ausnahmezustand. Informationen werden hin und her gegeben. Aber zu einem wirklichen Zusammenführung beider Stränge wird es nicht kommen. Beide Stränge sind aufregend und spannend. In beiden Handlungsverläufen werden die Ursache für das Verschwinden des Mädchens aufgezeigt.

Die Aufmachung des Taschenbuches ist ansprechend. Neben den Protokollen der Polizei ist gleich zu Beginn eine Karte des Stadtteils mit den Straßen abgebildet, auf die der Leser immer wieder zurückgreifen kann, wenn die Straßennamen in der Handlung beschrieben werden. Das Flair der englischen Stadt und der englischen Landschaften kommt ausreichend rüber. Darauf liegt sicherlich nicht das Hauptaugenmerk der Schriftstellerin, aber wer die Großstädte in England kennt, kann eine gute Vorstellung von dem Sozialviertel bekommen. Die südenglische Stadt Southampton macht darin keinen Unterschied.

Der Roman ist extrem lesenswert und bietet eine gute Unterhaltung.

Walters, Minette
Der Nachbar
Aus dem Englischen von Mechtild Sandberg-Ciletti
Goldmann, München
ISBN 9783442457151

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

Geschichtenwettbewerb: England – Schottland – Wales – unglaubliche Reiseerzählungen

Unterhaltsame Reiseerzählungen aus England, Schottland und Wales Berichten Sie über ihre Erlebnisse während eines Aufenthaltes auf den britischen Inseln. Egal, ob England, Schottland oder Wales. Jedes dieser Länder ist traditionsbehaftet und hält spannende, abenteuerliche und romantische Geschichten, Anekdoten und Sehenswürdigkeiten … Weiterlesen

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»Dornenschwestern« von Philippa Gregory

Philippa Gregory gilt in den USA als die Meisterin des historischen Romans. In einem solchen Fall durften die Romane dieser Schriftstellerin nicht an mir vorbeigehen, ohne eines gelesen zu haben. „Dornenschwestern“ ist einer von mehreren Romanen, der sich der Rosenkriege zwischen den Familien Lancaster und York im 15. Jahrhundert annimmt.