»After I’m Gone« von Laura Lippman

»After I’m Gone« ist ein Standalone-Krimi von Laura Lippman, obwohl die Autorin nicht umhin kommt, den Namen ihrer berühmten Reihenermittlerin Tessa Monaghan darin zu nennen. Aber »After I’m Gone« ist nicht nur ein normaler Kriminalroman. Er ist vielmehr die Verbindung eines Krimis mit einer großen Familiensaga.

Es ist eine klassische Geschichte über Mord und Geheimnisse, in der das Verschwinden eines Mannes das Leben seiner Frau, seiner Töchter – und seiner Geliebten – erschüttert.

After I’m Gone – Weichen für die Zukunft

Es ist der 4. Juli des Jahres 1976. Für Bambi Brewer bricht eine Welt zusammen. Ihr Ehemann, Felix Brewer, wurde gerade verurteilt und muss ins Gefängnis. Plötzlich verschwindet er auf mysteriöse Weise und lässt Bambi und die drei Töchter zurück.

Bambi ist ratlos, wo sich Felix und sein Geld befinden könnten. Doch in ihrem Herzen hat sie einen Verdacht: Seine loyale junge Geliebte, Julie, könnte die Antwort kennen. Zehn Jahre nach Felix‘ plötzlichem Verschwinden geschieht das Unvorstellbare – auch Julie ist plötzlich weg. Alle glauben, sie sei zu ihrem ehemaligen Geliebten zurückgekehrt. Doch dann werden ihre Überreste in einem abgelegenen Waldpark entdeckt, und alles ändert sich.

Sechsundzwanzig Jahre nach dem Verschwinden von Julie nimmt sich Roberto „Sandy“ Sanchez, ein ehemaliger Detektiv aus Baltimore, der sich ein bisschen zusätzliches Geld verdienen möchte, dem ungelösten Mordfall an. Sandy ist eigentlich bereits im Ruhestand, doch in den USA ist es üblich, dass ehemalige Cops durchaus ehrenamtlich in den Cold Case Abteilungen eingesetzt werden. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf ein komplexes Geflecht aus Neid, Verbitterung, Groll und Habgier, in dessen Mittelpunkt der geheimnisvolle Felix Brewer steht. Übrigens wurde sein Spitzname Sandy nicht aus seinem Nachnamen abgeleitet. Dafjür gibt es im Roman eine viel bessere Erklärung!

Felix Brewer hinterließ einst fünf Frauen. Nun sind es nur noch vier. Kennt wenigstens eine von ihnen die Wahrheit? Finanziell könnte jede von ihnen davon profitieren.

Das Schicksal einer Familie und einer Geliebten

Die Dramarturgie hat Laura Lippman nahezu in zwei komplett getrennten Handlungszweigen aufgebaut. EAuf der einen Seite die Familiengeschichte aller Figuren des Romans und auf der anderen Seite die Ermittlungen des Cold Case in der Gegenwart. Die Gegenwart ist allerdings bereits 2012, was dem Roman aber keinen Abbruch tut. Die Familiengeschichte wird in Rückblenden bezogen auf das Jahr 2012 erzählt. Das beginnt letztendlich im Jahre 1959, als sich Bambi und Felix kennenlernen. Abgesehen von dem ersten Kapitel, welches 1976 spielt, wechselt dann jedes Kapitel aus 2012 mit einem in der Vergangenheit, die ab 1959 immer näher rückt, also etwa so: 2012 – 1959 – 2012 – 1960 – 2012 – 1969 usw.

Je näher die Rückblenden an die Gegenwart heranrücken, umso mehr ist der Zusammenhang zu erkennen. Nicht nur für die Leser, sondern auch für den Ermittler Sandy. Hält er anfangs noch viele Leute aus dem Umfeld von Felix Brewer für tatverdächtig, so kristalliert sich immer mehr, wer etwas vom Verschwinden Brewers wusste und warum Julie ebenfalls verschwunden ist. Aber halt!, liebe Leute, so einfach ist das nicht. Denn bis zum Schluss kann sich immer noch etwas ändern und es können neue Informationen auftauchen.

Mir hat diese Dramartugie des Romans sehr gefallen, obwohl ich anfangs kaum etwas mit beiden Strängen anfangen konnte. Sie schienen mir zu losgelöst. Aber auch das Verhältnis der fünf Frauen – Bambi, ihre drei Töchter und die Geliebte – ist in sich alleine schon spannend und man fragt sich, wer schließlich wem die Augen auskratzt. Nun gut, die Geliebte ist dann ja auch wie vom Erdboden verschwunden.

»After I’m Gone« von Laura Lippman ist ein fesselnder Thriller, der die Leser schnell in seinen Bann zieht. Die Autorin verwebt geschickt zwei Handlungsstränge, die den Leser auf eine spannende Reise durch die Ermittlungen eines Cold Cases mitnehmen. Die Figuren sind lebendig und vielschichtig, insbesondere die ermittelnden Figuren, die mit ihren eigenen Herausforderungen kämpfen und gleichzeitig die Wahrheit ans Licht bringen wollen.

Die Dramaturgie des Buches hält die Spannung konstant, und die überraschenden Wendungen bis zum Schluss sorgen dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Lippman versteht es, die Neugier der Leser zu wecken und sie in eine Welt voller Geheimnisse und unerwarteter Enthüllungen zu entführen. Ein Must-Read für alle, die packende Geschichten lieben, die sowohl emotional als auch spannend sind.

Rezension von:
© Detlef Knut, Düsseldorf 2025
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