Die Frauen jenseits des Flusses

»Die Frauen jenseits des Flusses« von Kristin Hannah

»Die Frauen jenseits des Flusses« ist ein Roman von Kristin Hannah, der emotional sehr tief geht und unheimlich berührt. An diesem Roman ist nichts schnulzig, obwohl es auch eine Liebesgeschichte gibt, die aber nicht das Thema darstellt, denn das geht viel weitreichender. Die romantische Geschichte dabei unterstützt das Verständnis für das wirkliche Thema in ganz besonderer Weise.

»Die Frauen jenseits des Flusses« und ihr Einsatz für Amerika in Vietnam

Worum geht es? Soldaten werden 1966 in den Krieg nach Vietnam geschickt. Für die Amerikaner hat dieser Krieg gerade erst begonnen. In der Familie McGrath ist der Vater stolz auf die familiäre Vergangenheit. In seinem Büro gibt es eine Galerie mit Bildern, auf denen die Vorfahren in Uniformen und mit Orden aus den unterschiedlichsten Kriegen abgebildet sind. Es gibt eine Party zur Verabschiedung des Sohns Finley, der sich für einen Einsatz in Vietnam eingeschrieben hatte. Der Vater beglückwünscht ihn für das „große Abenteuer“.

Frances Grace McGrath, genannt Frankie, die kleinere Schwester von Finley, ist ebenfalls stolz auf ihn. Aber sie hatte schon die gesamte Kindheit zu ihrem großen Bruder aufgeschaut. Es dauert nicht lange und die Familie wird darüber informiert, dass Finley McGrath heldenhaft im Krieg gefallen ist. Der Schock und die Trauer gehen sehr tief. Doch zur Beisetzung werden ihnen lediglich ein Paar Feldstiefel übergeben, die angeblich Finley gehört hatten.

Frankie trifft einen weitreichenden Entschluss. Auch sie möchte ihren Vater stolz machen und sucht Möglichkeiten, nach Vietnam zu gehen. Krankenschwester scheint ihr ein machbarer Weg. Doch bei den Marines und der Airforce müsste sie zunächst zwei Jahre in den USA in einem Krankenhaus lernen, bevor sie nach Vietnam geschickt würde. Das dauert ihr zu lange und sie erfährt, dass die Army sie nach einem mehrwöchigen Grundlehrgang gleich in den Krieg ziehen lassen würde. Stolz verkündet sie ihren Eltern, dass sie sich für Vietnam verpflichtet hat. Ihr Vater verlässt ohne ein Wort den Raum.

Was dann die junge Krankenschwesterschülerin Frances McGrath an ihrem ersten Tag in Vietnam erlebt, ist weit entfernt von dem, was sie im Grundlehrgang erfahren hat.

„Frauen können doch auch Helden sein.“

Thema des Romans, von dem ich bereits oben gesprochen habe, ist das Sichtbarmachen der weiblichen Helden während des Vietnam-Krieges in den 1960er Jahren. Viele Amerikaner hatten kein Verständnis dafür, dass Amerika Soldaten nach Vietnam schickte. Es waren aber nicht nur Männer, die dort hingingen. Es waren auch sehr viele Frauen dabei, die meist als Krankenschwestern in den Lazaretten unter Feindbeschuss ihre heldenhafte Arbeit leisteten. Nichtsdestotrotz waren diese Frauen Armeeangehörige und trugen Offiziersränge und Uniformen, die aber in den Dschungellazaretten keine Rolle spielten.

Amerika war dabei, den Krieg zu verlieren; für jeden war das offensichtlich, nur nicht für Präsident Nixon, der nicht aufhören wollte zu lügen und unablässig weiter Soldaten in den Krieg schickte, von denen viel zu viele in Leichensäcken zurückkehrten.

Kristin Hannah

Bei der Rückkehr aus Vietnam wurden die Soldaten oft von den Bürgern beschimpft. Die Soldaten haben viele schlimmen Sachen erlebt und mit ansehen müssen, teils selbst ausführen müssen. Sie waren traumatisiert und es ist bekannt, dass sehr viele Drogen konsumiert wurden. Doch in der Heimat sollten sie keine Hilfe bekommen. Für die weiblichen Soldaten war die Rückkehr noch viel schlimmer: Es hat sie in der Öffentlichkeit gar nicht gegeben. „Frauen waren nicht in Vietnam!“

Dieser Roman hat mich persönlich sehr emotional mitgenommen. Ich habe mich so in die Szenerie hineinversetzen können, als wäre ich live dabei. Mich überzog sehr oft eine Gänsehaut. Und ich muss gestehen, ich musste bei aller Spannung, die die Geschichte bot, zweimal eine Pause von zwei bis drei Tagen machen und einen anderen Roman zwischendurch lesen, weil mich die Geschichte so mitnahm, dass ich nicht darin verharren durfte. Sie hat mich glatt umgehauen.

Dieser historische Roman zeigt auch sehr eindringlich, wie sich in „Notgemeinschaften“ schnell Freundschaften bilden. Es waren Freundschaften, die sich so schnell gebildet haben und doch so tief gehen, dass es schmerzt, wenn sie auseinandergehen. Und in einem Krieg gehen Freundschaften auseinander, weil Menschen getötet werden, weil sie verletzt werden, oder auch weil Menschen in die Heimat zurückkehren. Kristin Hannah schafft die Illusion, dass man sich als Leser diesen Freundschaften zugehörig fühlt.

Mir standen manchmal die Tränen in den Augen, weil das Unheil des Krieges so bildhaft beschrieben wurden, dass einem dieses Grauen sehr nahe geht. In diesem Roman liegen Trauer und Freude oft ganz nah beieinander.

»Die Frauen jenseits des Flusses« ist ein fesselndes Buch, das den Leser sofort ins Geschehen hineinzieht. Die bildhafte Beschreibung macht es fast so, als wäre man selbst Teil der Geschichte. Es beleuchtet eine oft ignorierte Perspektive des Vietnam-Kriegs und bietet spannende Einblicke in die Hintergründe von PTBS. Besonders beeindruckend ist, dass es zeigt, wie auch Frauen Helden sein können. Die Figuren sind liebenswert, haben aber viel Leid erfahren, was das Buch emotional greifbar macht.

Natürlich wird das Leid des Krieges nicht ausgespart, was manchmal ganz schön heftig sein kann. Auch die Darstellung mancher Greueltaten ist nicht ohne, aber für das Gesamtbild unabdingbar. Insgesamt ein großartiges Werk, das zum Nachdenken anregt und das man nicht so schnell vergisst. Absolut empfehlenswert für jeden, der tiefere Einblicke in historische Themen sucht!

Kristin Hannah
Die Frauen jenseits des Flusses
Aus dem Amerikanischen von Christine Strüh
Rütten & Loening
ISBN: 9783352009440

Rezension von:
© Detlef Knut, Düsseldorf 2024
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