Der Roman »Ámbar« von Nicolás Ferraro ist ein preisgekrönter Roman und wurde in seiner Heimat mit dem Hammett-Preis ausgezeichnet. Es ist die Geschichte eines fünfzehnjärigen Mädchens, die mit ihrem Vater durch die Städte und Dörfer tourt.
Ámbar und die Wunden ihres Vaters und ihres Lebens
Zu Beginn erlebt man Ámbar beim Versorgen einer blutenden Wunde. Schnell weiß man, dass es ihr Vater ist, den sie verbindet. Das ist eine ganz normale Tätigkeit für das Mädchen, obwohl sie viel lieber genau wie andere Mädchen in ihrem Alter Rockkonzerte besuchen würde.
Doch dafür ist keine Zeit. Sie ist mit ihrem Vater auf der Flucht. Ihr Vater ist ein bekannter Drogendealer und skrupelloser Killer. Er darf sich nicht erwischen lassen, weshalb beide immer wieder in unterschiedlichen Outfits und Haaren, mit verschiedenen Papieren und Namen unterwegs sind. Ihre Identität muss unerkannt bleiben. Sollte das einmal nicht der Fall sein, tötet der Vater einfach die Zeugen.
Schnell wird aus der Flucht auch eine Jagd, denn der Vater will einerseits seinen Freund, sofern er überhaupt einen hat, rächen und andererseits bekommt er den Auftrag, geklaute Drogen aus dem Besitz der Diebe wieder zu beschaffen. Ámbars Flucht mit ihrem Vater bezieht sich weniger auf die Flucht vor der Polizei als auf die vor anderen Drogengangstern.
Ich würde »Ámbar« nicht unbedingt als einen Thriller betiteln. Es ist mehr ein apannender Gegenwartsroman. Schließlich möchte man von der ersten Seite an wissen, wie es der Kleinen, die aufgrund der Umstaände viel zu früh erwachsen geworden ist, ergehen wird. Ihr Weg ist der spannende und sehr interessante Faden. Wird es ihr demnächst besser gehen? Wird sie nicht immer als die Liebste ihres Vaters angesehen?
Gewalt und Zärtlichkeit
Zart wird die sich aufbauende Liebe zu Marcos entwickelt, der sie unter dem Namen Alejandra kennt. Mit ihm erlebt sie dann tatsächlich ein Konzert und es schmerzt sie, Marcois anzulügen. Wird sie ihm ihre wahre Identität offenbaren?
Zwar gibt es keine Ermittlungen, aber natürlich werden Leser in diesem Roman eine Jagd erleben. Und während sieder Jagd geht es sehr brutal zu. Obwohl im ersten Kapitel nur eine Wunde versorgt wird , wirkt diese bereits sehr gewalttätig. Bildhaft treten zerfetztes Fleisch und Blut in mehreren Szenen dem Leser in den Kopf.
Mich hat der Roman sehr an Fernsehserien wie Dom oder Queen of the South erinnert, in der ebenfalls die Schicksale von Menschen beschrieben werden, die unverschuldet als KInder in die Verbrechensszene hineingezogen wurden und vergeblich versuchen, die Verbrechen hinter sich zu lassen. Ob es Ámbar schafft, wird nur den Lesern dieses Romans vorbehalten bleiben.
Am Ende bleibt uns die Geschichte von Ámbar im Gedächtnis, einem Mädchen, das viel zu schnell erwachsen werden musste. Ihr spannendes und gefährliches Leben inmitten von Gewalt und dem brutalen Alltag im Drogenmilieu zieht uns in seinen Bann. Doch zwischen all dem Chaos blitzen zärtliche Momente der Liebe auf, die uns zeigen, dass es immer einen Funken Hoffnung gibt. Ámbar denkt ständig darüber nach, wie sie diesem Leben entfliehen kann, und lässt uns mit der Frage zurück, ob es einen Ausweg aus dieser dunklen Realität gibt. Ihre Reise ist nicht nur ein spannendes Abenteuer, sondern auch eine Aufforderung zur Reflexion über unsere eigenen Lebensentscheidungen. Ein lesenswerter Roman, der zum Nachdenken anregt und uns mit einem Gefühl der Dringlichkeit zurücklässt.
Nicolás Ferraro
Ámbar
Aus dem argentinischen Spanisch von Kirsten Brandt
Pendragon, Bielefeld
ISBN: 9783865329011
Rezension von:
© Detlef Knut, Düsseldorf 2025
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