»Cascadia« spielt im Nordwesten der USA, genauer gesagt auf der Insel San Juan, teilt Sam mit ihrer älteren Schwester Elena und ihrer schwerkranken Mutter ein bescheidenes Dasein. Während Sam als Angestellte auf der Fähre tätig ist und die wohlhabenden Urlauber zu ihren Ferienresidenzen bringt, jobbt Elena als Kellnerin im Golfclub. Beide hegen den Wunsch nach einem verbesserten Leben und träumen davon, an einem anderen Ort einen Neuanfang zu wagen.
»Cascadia« – Ein Bär und das Chaos beginnt
In einer Nacht entdeckt Sam plötzlich einen Bären, der in den dunklen Gewässern vor der Küste schwimmt. Zu diesem Zeitpunkt hat sie noch keine Vorahnung davon, dass dieses wilde Tier das Leben von ihr und ihrer Schwester auf den Kopf stellen und ihren lang gehegten Traum gefährden wird.
Ich muss zugeben, dass ich mir als Konflikt etwas anderes vorgestellt hatte. Doch der Konflikt ist tatsächlich, oberflächlich betrachtet, der Bär. Es wird in detailreichen Beschreibungen die Situation der beiden Schwestern während ihrer Kindheit und auch in der Gegenwart in ihren Jobs auf der Fähre und im Golfclub beschrieben. Leser lernen die beiden unheimlich gut kennen, man kann ihre Motive plausibel und nachvollziehbar oder dumm und naiv finden. Das bleibt natürlich den Lesern überlassen.
Doch im Fortschritt des Romans schält sich immer mehr heraus, dass der eigentlich Konflikt der zwischen den beiden Schwestern ist. Der Bär, den die große Schwester Elena sehr mag und vor dem die kleine Schwester Sam ungeheure Angst hat, fördert den Konflikt zwischen den beiden zutage. Es wird offenbar, dass es zwischen ihnen beiden eigentlich keine Gemeinsamkeiten gibt, von denen zu Beginn des Romans gesprochen wird. Schließlich stellt sich heraus, dass Sam … Belassen wir es dabei. Denn alles steuert auf eine fürchterliche Katastrophe zu, mit der die Leser nicht rechnen konnten. Solch ein Drama.
Aber die Spannung bleibt in diesem an sich wunderschönen Roman etwas auf der Strecke. Die Beziehungen zu den Kollegen und Nachbarn im Ort könnten vor Leidenschaft nur so überbrodeln, aber sie werden leider nicht in ihrer vollsten Intensität dargestellt. Doch die dramatische Zuspitzung am Ende und das unerwartete, atemberaubende Ende reißen einem den Boden unter den Füßen weg und versöhnen restlos mit dem Verlauf der Handlung.
Deshalb mag ich diesen Roman empfehlen, weil er zart und anmutig ein Leben in der Abgeschiedenheit beschreibt, zu der man sich hingezogen fühlen kann.
Julia Phillips
Cascadia
Aus dem Englischen von Sylvia de Hollanda (Pociao) und Roberto de Hollanda
Hanser Verlag
ISBN: 9783446281530
Rezension von:
© Detlef Knut, Düsseldorf 2024
Was es sonst noch gibt: Bücher, die gefallen
In diesem Artikel sind Partner-Links (Affiliate) enthalten. Durch einen Klick darauf gelangt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir eine kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Danke für eure Unterstützung!
Ein Teil der rezensierten Produkte wurde von den Verlagen dankenswerter Weise kostenlos zur Verfügung gestellt.