Martin Conrath: Der Schmerzsammler

 

clip_image002Martin Conrath schreibt Krimis und als männlicher Part von „Sabine Martin“ historische Romane. ARD-Tatorte wurden von ihm zu Romanen gemacht. Mit dem „Schmerzsammler“ geht er mit einer neuen Protagonistin das Genre der Psychothriller an.

Die Protagonistin Fran Miller ist Fallanalytikerin und Sektenbeauftrage beim LKA in Düsseldorf. Sie betreibt einen ungewöhnlichen Ausgleichssport: zum „Herunterkommen“ braucht sie den Kick einer Extremsportart. Ein Partner im Team ist Bruno Rheinstahl, ein väterlicher Freund, den die Deutsch-Amerikanerin im Alter von zehn Jahren durch ihren Vater, ebenfalls Polizist, kennengelernt hat. Dritter im Team ist Günther Anleder, ebenfalls Profiler und spezialisiert auf geistige Krankheitsbilder. Alle gehören zur Abteilung „Operative Fallanalyse“, die aus Forschungsgeldern finanziert wird und nicht täglich draußen im Einsatz ist. Momentan sind sie weit in die Satanistenszene abgetaucht und haben dort ihr Betätigungsfeld. Der Anruf eines Polizeikollegen aus Hamburg zieht zunächst Fran, dann das Team in einen aktuellen Fall. Der Hamburger ermittelt in einem Mordfall und hegt Vermutungen, dass er etwas mit der satanischen Sekteszene zu tun haben könnte. Da er von der „Teufelsbraut“ Fran Miller gehört hat, bittet er sie um eine Einschätzung. Sie zieht sofort ihre Kollegen hinzu. Doch dann werden sie zu einem aktuellen Fall in Düsseldorf abgezogen: Grabschändung mit Anzeichen einer Schwarzen Messe. Ein klarer Fall für das Team. Keine Auszeit von der Forschung im Sektenmilieu, sondern praktische Unterstützung aus der Realität.

In verschiedenen Strängen wird auf den Showdown am Ende des Romans hingearbeitet. Zunächst scheinen alle Stränge zusammenhanglos. Zunächst die Polizeiarbeit, dann die Mitglieder einer Satanistengruppe, das Vorgehen eines äußerst brutalen Täters und schließlich der Drangsal der Opfer.

Natürlich geht man als Liebhaber von Krimis und Thrillern davon aus, dass alles irgendwie zusammengehört. Doch in welcher Weise ist sehr spannend vom Autor verpackt. Schließlich führt es doch zu einer unerwarteten Lösung. Einerseits als Leser erfüllt ist es andererseits schade, denn man weiß, dass der Roman nun fast beendet ist.

Aus unterschiedlichen Perspektiven werden die Stränge erzählt. In der dritten Person wird von der Ermittlungsarbeit und von den Opfern des Täters erzählt. Mittels Ich-Perspektive schlüpft der Leser in die Figur des Täters. Das ist besonders perfide, denn eigentlich möchte man nicht der Täter sein. Denn der geht extrem brutal vor sich. Schließlich sammelt er wie andere Briefmarken die Schmerzen seiner Opfer. Und die schönsten Schmerzen erreicht er bei ihnen kurz vor deren Tod.

Conrath hat für diesen Thriller ein interessantes Figurenensemble geschaffen, welches in vielen Teilen denen anderer aktueller Krimis und Thriller entspricht: der väterliche Freund, die Kumpanei unter Kollegen, die nur auf Karriere bedachte Chefin. Doch der Protagonistin Fran(ziska) Miller hat er eine besondere Vergangenheit verpasst, der man gerne noch weiter auf die Schliche kommen möchte, was im Herbst wohl mit einem Folgeroman passieren kann.

Viele kleine Szenen sind nichts für schwache Nerven. Den Lesern, die sich starken Nervenkitzel wünschen, ist der Thriller in jedem Fall empfohlen.

 

Conrath, Martin
Der Schmerzsammler
Bastei-Lübbe, Köln
ISBN 9783404168071

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Robert B. Parker: Terror auf Stiles Island

clip_image002Dies ist der zweite Fall des alkoholabhängigen Polizeichefs von Paradise, der aus der Feder des bereits 2010 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Robert B. Parker (auch bekannt durch die Spenser-Krimis) stammt. Er schließt fast nahtlos an „Das dunkle Paradies“ an.

Es ist ruhig im kleinen Städtchen Paradise. Seit einem Jahr ist Jesse Stone hier Polizeichef. Von seinen Leuten wird er geachtet. Die Lösung seines ersten Falles im vorigen Jahr hat ihm Respekt verschafft. Das heißt aber nicht, dass Detective „Suitcase“ Simpson keine Späße mit seinem Boss macht, nachdem er weiß, dass Jesse nicht nur mit der Rechtsanwältin und mit seiner Ex, sondern auch noch mit einer Immobilienmaklerin techtelmechtelt. Derbe Sprüche und Witze zu seinen Lasten quittiert Jesse mit stoischer Zurückhaltung und wartet nur auf die Gelegenheit für einen Gegenschlag. Die Ruhe im Örtchen scheint aber nur die Ruhe vor dem Sturm zu sein. Noch ahnt Jesse nicht, dass sich James Macklin, ein frisch entlassener Berufsverbrecher in seinem beschaulichen Örtchen niedergelassen hat und an einem großen Raubzug bastelt. Während Jesse damit beschäftigt ist, drei Jugendliche, die das Haus eines schwulen Pärchens angezündet haben, auf den rechten Weg zurückzuholen, sucht sich Macklin seine Crew zusammen und plant, sämtliche Einwohner der zu Paradise gehörenden Insel Stiles Island, auf der nur Villen stehen, mit einem Schlag auszurauben. Er selbst schreckt nicht vor Leichen zurück, aber auch der angeheuerte Crow, der von sich selbst behauptet, Apache zu sein, ist ein kaltblütiger Killer.

Die Jesse-Stone-Romane lesen sich erfrischend anders als herkömmliche Krimis. Als Hardboiled-Krimis mit dem „einsamen Wolf“ als Kämpfer werden dem Leser prinzipiell beide Seiten offengelegt. Die Frage nach dem Täter stellt sich hier nicht, sondern lediglich, ob und wie er vom „Mann für Recht und Gesetz“ geschnappt wird. Damit wird die Sichtweise des Lesers ganz klar auf die einzelnen Figuren im Allgemeinen und dem Hauptprotagonisten im Besonderen gelegt. Der Leser kann also nicht miträtseln, sondern wird immer mitfiebern. Und dies macht mindestens genauso viel Spaß, lernt er doch Figuren viel besser kennen, kann sich mit ihnen arrangieren, sie lieben oder verabscheuen. Im Falle von Jesse Stone ist für mich persönlich das Bild sehr prägnant vorgegeben, denn dessen Bücher wurden mit Tom Selleck (bekannt als Magnum P. I.) verfilmt und zum Teil von ihm produziert. Obwohl die Romane vor den Filmen entstanden, scheint ihm die Rolle des Jesse Stone wie auf den Leib geschrieben. Dieser Polizist steckt voller Probleme und seine Entwicklung ist Stoff, aus dem gute Romane entstehen. Als Leser stellen sich über alle Romane hinweg die Fragen, ob er sein Alkoholproblem und sein Beziehungsproblem mit seiner Ex-Frau Jenn in den Griff bekommt. Der Spannungsbogen für den einzelnen Roman, wie auch dem vorliegenden, ergibt sich aus der Jagd nach den Tätern.

Diesen Roman zu empfehlen, bereitet keine Schwierigkeiten.

 

Parker, Robert B.
Terror auf Stiles Island
Aus dem Amerikanischen von Bernd Gockel
Pendragon, Bielefeld
ISBN 9783865323569

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Jacques Berndorf: Eifel-Krieg

clip_image002Der im vorigen Herbst erschienene Berndorf-Krimi aus der Eifel ist wieder ein klassischer „Berndorf“ und widmet sich dem Thema der rechten Szene. Etwa zehn Stunden Hörmaterial mit der faszinierend dunklen Stimme des Autors selbst.
Mit einem Toten in der Eifel beginnt auch dieser Roman. Siggi Baumeister, der ermittelnde Journalist, bekommt was auf die Mütze noch ehe der Roman so richtig begonnen hat. Kurze Zeit später wird sein Freund Hauptkommissar Rodenstock nach einem sehr schweren Überfall im Krankenhaus ins Koma gelegt. Seine Überlebenschancen sind extrem gering. Währenddessen ist Rodenstocks Frau Emma mit einer Tante aus Australien in Polen unterwegs. Die Tante ist auf der Suche nach ihren Wurzeln (und nicht abgeneigt, sich bei ihren Verwandten in der Eifel einzunisten). Schützenhilfe bei den Ermittlungen gibt die Staatsanwältin Tessa. Alle Ermittlungsansätze scheinen auf einem Bauernhof, genannt der Eulenhof, zusammenzulaufen. Von außen betrachtet wird er als Hotel für Geschäftsleute und Jagdgemeinschaften betrieben. Doch die Leute in der Gegend glauben, dass es sich bei den Betreibern um Neo-Nazis handelt. So manch ein Nachbar berichtet von unliebsamen Begegnungen. Die blutige Nase, die sich Baumeister dort geholt hat, zeugt auch nicht gerade von guten Manieren. Die auf dem Hof aufwachsenden Mädchen und Jungen sind brutal und schlagen gerne mit einem Baseball-Schläger auf Schulkameraden ein. Aus dem Hinterhalt wird auf Jäger geschossen. Die Kripo und Baumeister sind sich einig: Ein Sniper läuft durch die Eifel. Die Zeit beginnt zu laufen, denn einen weiteren Toten wünscht sich keiner. Doch wird das so einfach sein?
Berndorf hat erneut viele Fährten ausgelegt, die man zunächst nur mühsam zusammenhalten kann. Das organisierte Verbrechen taucht dieses Mal in Form der Neo-Nazis auf, die auf vielfältige Weise an Geld herankommen müssen. Kein Wunder, dass leichte Hiebe auf den NSU-Prozess ausgeteilt werden. Doch weisen einzelne Ermittlungsphasen immer wieder in das private Milieu mancher Figuren. Das macht den Roman spannend und lässt dem Hörer/ Leser Freiraum zum „eigenen“ Ermitteln. Das Hörbuch besticht aber nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch den Vortrag des Schriftstellers selbst. Es gibt diverse Hörbücher zu den Berndorf-Romanen mit unterschiedlichen Sprechern. Doch die Stimme Berndorfs selbst ist die angenehmste von allen.
Gehört zum Jahreswechsel hat es mir viele schöne Stunden bereitet. Ich kann dieses Hörbuch sehr empfehlen. Wiederholungstäter wissen, was sie an Berndorf haben. Und wer bislang noch nicht auf (oder in) die Eifel gekommen ist, kann sich hiermit ein kleines Bild davon machen. Nur geschossen wird nicht so häufig in der Realität.

Berndorf, Jacques
Eifel-Krieg
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN 9783954411429

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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