Gert Nygårdshaug – Mengele Zoo

In einem kleinen südamerikanischen Dorf im Regenwald lebt der sechsjährige Miro und lernt von seinem Vater, wie man die schönsten Schmeterlinge fängt, um sie zu verkaufen und damit den Lebensunterhalt für die Familie zu bestreiten. Doch ganz langsam und schleichend verändert sich die Welt um ihn herum. Als Miro 10 ist, entgeht er einem Massaker, bei dem nicht nur seine Familie ums Leben kommt, sondern sein ganzes Dorf ausgelöscht wird. Aus dem kleinen Jungen wird ein Mann und die Abholzung des Regenwaldes und die Suche nach Öl lassen ihn ganz langsam zum Terroristen reifen. Zusammen mit Weggefährten behält er sein Ziel immer vor Augen, auch wenn sein Weg mehr als fragwürdig ist.

Vom Indianerjungen zum Terroristen

Ich will einfach nicht glauben, dass es solch brutale und korrupte Machenschaften, wie sie hier beschrieben werden, wirklich gibt. Und schon gar nicht kann ich glauben, in welche Richtung sich Miro entwickelt, bis er selbst zum Terroristen wird und auch er über Leichen geht. Wobei der Terror ja nicht aus ihm selbst kommt. Er ist den ganzen Umständen unter denen das Land und die Bevolkerung zu leiden hat geschuldet. Ich bin da in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite finde ich die schleichende, negative Entwicklung Miros absolut untragbar, wie er sich immer weiter auf den Terrorismus einschwört und nur noch Hass sein Leben regiert. Andererseits kann ich ihn aber auch ein Stück weit verstehen, dass er die Vernichtung seiner Welt nicht hinnehmen will und kann. War Miro mir anfangs bis zum Studium noch sehr sympathisch, hat sich das nach und nach geändert. Bis zum Schluss davon nichts mehr übrig war. Mich hat diese Entwicklung sehr nachdenklich und auch traurig gemacht.

In dieser Geschichte finde ich alles. Vom Abholzen des Regenwaldes zum Umweltschutz, über die Politik zur Korruption und der Entstehung eines Terrorregimes. Auf der einen Seite die bunten Schmetterlinge des Regenwaldes, sogar die Liebe hat hier einen kleinen Platz, auf der andere Seite Terror, Gewalt und Tod.

Ich kann fast nicht glauben, dass diese Geschichte schon 30 Jahre alt sein soll. So aktuell und hochbrisant sind die behandelten Themen.

Mit seinem prägnanten, auf den Punkt gebrachten Schreibstil hat mich der Autor ab den ersten Seiten gefangen und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Manche politischen Diskussionen finde ich etwas langatmig, hat der guten Unterhaltung, die ich hier geboten bekommen habe, aber nicht geschadet.

Insgesamt gesehen ein Buch, das mich berührt, aufgewühlt und fassungslos gemacht hat und das noch eine Weile in mir gären wird.
4,5 von 5 Sternen

Gert Nygårdshaug
Mengele Zoo
Vida Verde Verlag

ISBN 9783982052205

Rezension von
© Gaby Hochrainer, München 2019
Der Beitrag enthält Affiliate-Verknüpfungen.
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