Nichts für schwache Nerven
Als Lotte Soltau den Nachlass ihres verstorbenen Vaters Alex, Inhaber der Soltau Hoch- und Rückbau GmbH, ordnet, stößt sie auf eine Lagerhalle in Berlin-Spandau, Industriehof Zeppelinpark, Halle 14. Hier erwarten sie 5 alte blaue Ölfässer, deren Inhalt sie erschaudern lässt. Teilstücke von 5 verstümmelte, zerstückelten jungen Frauen wurden hier in Formalin eingelegt und aufbewahrt. Lotte Soltau ist von der Unschuld ihres Vaters lange Zeit fest überzeugt.
KHK Kira Hallstein vom LKA Dezernat 11, Tötungsdelikte und erpresserischer Menschenraub, und ihr Kollege KOK Max Lohmeyer sind nach kurzen Recherchen überzeugt, dass Alex Soltau, der von den Menschen in seinem Umfeld als ein geselliger, liebenswerter und loyaler Mensch beschrieben wird, ein grausames Doppelleben geführt hat. Da nach Soltaus Tod eine weitere Leiche nach dem gleichen Muster auftaucht, muss es einen zweiten Täter geben. Um es nicht zu weiteren Opfern kommen zu lassen, beginnt für die beiden Ermittler und ihr Team ein Wettlauf gegen die Zeit und den Tod.
Von Montag, den 21.09. bis Freitag, den 02.10 bin ich zusammen mit den Kommissaren auf der Suche nach einem bzw. zwei Tätern, deren Taten mein Kopfkino nicht immer verarbeiten wollte. Andreas Gößling beschreibt sehr detailliert und schonungslos einzelne Tathergänge und lässt mich in die Seele der Täter blicken. Er nimmt mich mit auf die dunklen Seiten Berlins, die Straßenstriche von Frauen, die tiefer nicht fallen können. Hier sucht sich ein Mann, der sich aus einem Trauma nicht befreien kann, seine Opfer.
Er schafft es, den Spannungsbogen langsam aufzubauen und extrem hoch zu halten, obwohl sich bei den Ermittlungen manchmal nichts oder sehr wenig tut. Auf den Schreibtischen im Kommissariat finden sich eine Menge Puzzlesteine. Doch irgndwie wollen sie alle nicht zusammen passen. Keine der bisher bei Serienmördern aufgestellte These greift hier.
Welche Rolle spielt die Zahl 14, die hier immer wieder auftaucht?
Kira Hallstein und vor allem Max Lohmeyer sind mir sehr sympathisch. Sie, auch unkonventionellen und nicht immer legalen Ermittlungen nicht abgeneigt, immer auf dem Sprung und weiterhin auf der Suche ihren Dämonen zu entkommen. Max, der sehr gut mit Menschen umgehen und sich in sie hinein fühlen kann und der sich ein kleines bisschen in seine Chefin verliebt hat. Beide finde ich sehr gut dargestellt. Aber auch die anderen Protagonisten, Typen wie Fritz Tuchalsky “Fritz the rat”, der in einem Sado-Maso-Studio arbeitet; Dr. Jonas Moosberg, der sich selbst als “der Schöpfer” sieht; die Rockabilly-Boys Ron und Pit Stockmann – alle werden so detailliert, farbig und menschlich beschrieben, dass sie sich vor meinen Augen festsetzen.
Durch Überschriften vor den kommenden Kapiteln weiß ich genau, wo sich die Kommissare bzw. ich gerade aufhalten bzw. ermitteln.
Ein True-Crime-Thriller, der mich durch seine schonungslose Offenheit und die Erkenntnis, dass es ja “true” ist, was hier beschrieben wird, stark mitgenommen hat. Der mich zum Nachdenken angeregt hat. Aber hauptsächlich hatte ich spannende Lesestunden, die ich mir von Andreas Gößling gerne bald wieder wünsche. Ein absoluter Pageturner!
Andreas Gößling Wolfswut Droemer Knaur Verlag, München ISBN 9783426521328 |
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© Gaby Hochrainer, München 2018