Robert B. Parker: Terror auf Stiles Island

clip_image002Dies ist der zweite Fall des alkoholabhängigen Polizeichefs von Paradise, der aus der Feder des bereits 2010 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Robert B. Parker (auch bekannt durch die Spenser-Krimis) stammt. Er schließt fast nahtlos an „Das dunkle Paradies“ an.

Es ist ruhig im kleinen Städtchen Paradise. Seit einem Jahr ist Jesse Stone hier Polizeichef. Von seinen Leuten wird er geachtet. Die Lösung seines ersten Falles im vorigen Jahr hat ihm Respekt verschafft. Das heißt aber nicht, dass Detective „Suitcase“ Simpson keine Späße mit seinem Boss macht, nachdem er weiß, dass Jesse nicht nur mit der Rechtsanwältin und mit seiner Ex, sondern auch noch mit einer Immobilienmaklerin techtelmechtelt. Derbe Sprüche und Witze zu seinen Lasten quittiert Jesse mit stoischer Zurückhaltung und wartet nur auf die Gelegenheit für einen Gegenschlag. Die Ruhe im Örtchen scheint aber nur die Ruhe vor dem Sturm zu sein. Noch ahnt Jesse nicht, dass sich James Macklin, ein frisch entlassener Berufsverbrecher in seinem beschaulichen Örtchen niedergelassen hat und an einem großen Raubzug bastelt. Während Jesse damit beschäftigt ist, drei Jugendliche, die das Haus eines schwulen Pärchens angezündet haben, auf den rechten Weg zurückzuholen, sucht sich Macklin seine Crew zusammen und plant, sämtliche Einwohner der zu Paradise gehörenden Insel Stiles Island, auf der nur Villen stehen, mit einem Schlag auszurauben. Er selbst schreckt nicht vor Leichen zurück, aber auch der angeheuerte Crow, der von sich selbst behauptet, Apache zu sein, ist ein kaltblütiger Killer.

Die Jesse-Stone-Romane lesen sich erfrischend anders als herkömmliche Krimis. Als Hardboiled-Krimis mit dem „einsamen Wolf“ als Kämpfer werden dem Leser prinzipiell beide Seiten offengelegt. Die Frage nach dem Täter stellt sich hier nicht, sondern lediglich, ob und wie er vom „Mann für Recht und Gesetz“ geschnappt wird. Damit wird die Sichtweise des Lesers ganz klar auf die einzelnen Figuren im Allgemeinen und dem Hauptprotagonisten im Besonderen gelegt. Der Leser kann also nicht miträtseln, sondern wird immer mitfiebern. Und dies macht mindestens genauso viel Spaß, lernt er doch Figuren viel besser kennen, kann sich mit ihnen arrangieren, sie lieben oder verabscheuen. Im Falle von Jesse Stone ist für mich persönlich das Bild sehr prägnant vorgegeben, denn dessen Bücher wurden mit Tom Selleck (bekannt als Magnum P. I.) verfilmt und zum Teil von ihm produziert. Obwohl die Romane vor den Filmen entstanden, scheint ihm die Rolle des Jesse Stone wie auf den Leib geschrieben. Dieser Polizist steckt voller Probleme und seine Entwicklung ist Stoff, aus dem gute Romane entstehen. Als Leser stellen sich über alle Romane hinweg die Fragen, ob er sein Alkoholproblem und sein Beziehungsproblem mit seiner Ex-Frau Jenn in den Griff bekommt. Der Spannungsbogen für den einzelnen Roman, wie auch dem vorliegenden, ergibt sich aus der Jagd nach den Tätern.

Diesen Roman zu empfehlen, bereitet keine Schwierigkeiten.

 

Parker, Robert B.
Terror auf Stiles Island
Aus dem Amerikanischen von Bernd Gockel
Pendragon, Bielefeld
ISBN 9783865323569

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

Teilen mit:

Jacques Berndorf: Eifel-Krieg

clip_image002Der im vorigen Herbst erschienene Berndorf-Krimi aus der Eifel ist wieder ein klassischer „Berndorf“ und widmet sich dem Thema der rechten Szene. Etwa zehn Stunden Hörmaterial mit der faszinierend dunklen Stimme des Autors selbst.
Mit einem Toten in der Eifel beginnt auch dieser Roman. Siggi Baumeister, der ermittelnde Journalist, bekommt was auf die Mütze noch ehe der Roman so richtig begonnen hat. Kurze Zeit später wird sein Freund Hauptkommissar Rodenstock nach einem sehr schweren Überfall im Krankenhaus ins Koma gelegt. Seine Überlebenschancen sind extrem gering. Währenddessen ist Rodenstocks Frau Emma mit einer Tante aus Australien in Polen unterwegs. Die Tante ist auf der Suche nach ihren Wurzeln (und nicht abgeneigt, sich bei ihren Verwandten in der Eifel einzunisten). Schützenhilfe bei den Ermittlungen gibt die Staatsanwältin Tessa. Alle Ermittlungsansätze scheinen auf einem Bauernhof, genannt der Eulenhof, zusammenzulaufen. Von außen betrachtet wird er als Hotel für Geschäftsleute und Jagdgemeinschaften betrieben. Doch die Leute in der Gegend glauben, dass es sich bei den Betreibern um Neo-Nazis handelt. So manch ein Nachbar berichtet von unliebsamen Begegnungen. Die blutige Nase, die sich Baumeister dort geholt hat, zeugt auch nicht gerade von guten Manieren. Die auf dem Hof aufwachsenden Mädchen und Jungen sind brutal und schlagen gerne mit einem Baseball-Schläger auf Schulkameraden ein. Aus dem Hinterhalt wird auf Jäger geschossen. Die Kripo und Baumeister sind sich einig: Ein Sniper läuft durch die Eifel. Die Zeit beginnt zu laufen, denn einen weiteren Toten wünscht sich keiner. Doch wird das so einfach sein?
Berndorf hat erneut viele Fährten ausgelegt, die man zunächst nur mühsam zusammenhalten kann. Das organisierte Verbrechen taucht dieses Mal in Form der Neo-Nazis auf, die auf vielfältige Weise an Geld herankommen müssen. Kein Wunder, dass leichte Hiebe auf den NSU-Prozess ausgeteilt werden. Doch weisen einzelne Ermittlungsphasen immer wieder in das private Milieu mancher Figuren. Das macht den Roman spannend und lässt dem Hörer/ Leser Freiraum zum „eigenen“ Ermitteln. Das Hörbuch besticht aber nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch den Vortrag des Schriftstellers selbst. Es gibt diverse Hörbücher zu den Berndorf-Romanen mit unterschiedlichen Sprechern. Doch die Stimme Berndorfs selbst ist die angenehmste von allen.
Gehört zum Jahreswechsel hat es mir viele schöne Stunden bereitet. Ich kann dieses Hörbuch sehr empfehlen. Wiederholungstäter wissen, was sie an Berndorf haben. Und wer bislang noch nicht auf (oder in) die Eifel gekommen ist, kann sich hiermit ein kleines Bild davon machen. Nur geschossen wird nicht so häufig in der Realität.

Berndorf, Jacques
Eifel-Krieg
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN 9783954411429

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

Teilen mit:
Schatten über Sanssouci

Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci

clip_image002Wer es als Krimiliebhaber gerne historisch mag, der kann sich ruhigen Gewissens diesen Kriminalroman zu Gemüte führen, der im Umfeld des sich für schöne Künste interessierenden Preußenkönigs Friedrich spielt. Obwohl Friedrich der Große auch Kriege führt und seine Soldaten einem harten Drill unterzieht, möchte er gerne als Künstler, oder zumindest Kunstliebhaber, und Philosoph geachtet sein. Das Spiel auf der Querflöte hat es ihm angetan. So gelangte der Musiker Quantz an den Hof nach Potsdam und wurde Kammermusiker und Flötenlehrer von Friedrich. Neben dem Komponieren und Musizieren baut er außerdem Flöten für den König. Quantz hadert mit sich selbst. Ihm scheinen die Ideen für neue Stücke und Konzerte auszugehen, von denen er nahezu wöchentlich ein neues liefern muss. Doch dann kommen die Noten eines Konzertes abhanden. Zusätzlich verschwindet ein Lakai. Eigentlich eine unbedeutende Person, aber es scheint ein Zusammenhang zu bestehen. Friedrich, der dabei ist, eine Kriminalpolizei nach französischen Vorbild aufzubauen, beauftragt seine „Polizei in Zivil“, das Verschwinden aufzudecken. Doch der auf Karriere bedachte Weyhe hat nichts Besseres zu tun, den Musikus Quantz zu verdächtigen und ihm nicht nur das Verschwinden der Noten sondern auch den Mord an dem inzwischen tot aufgefundenen Lakaien anzuhängen. Auch Friedrich wendet sich von seinem Hofmusiker ab. Nur in dem französischen Philosophen La Mettrie findet Quantz einen Gefährten, der ihn zu unterstützen vorgibt.

Oliver Buslau hält sein Wissen rund um die Musik und das Leben am Hofe des Preußenkönigs nicht zurück. Eingebettet in eine mit dem Fortgang des Lesens immer spannender werdende Geschichte vermittelt er viel von den Personen am Hofe. Er erzählt Anekdoten über Bach, Friedrichs Schwester Amalie und anderen Leuten, die ebenso unterhaltsam sind wie der Kriminalfall selbst. Gut recherchiert und filigran ausgearbeitet wird über die mathematischen Möglichkeiten einer Komposition philosophiert. Eine real existierende Komponiermaschine scheint Gestalt anzunehmen. Die Musik versteht Buslau so bildhaft wiederzugeben, dass man meint, sie beim Lesen zu hören. Genauso wie man ständig die straffen Schritte der Wachen und Patrouillen auf dem Pflaster der Garnisonsstadt Potsdam zu hören glaubt. Der Leser leidet mit, wenn Quantz an seiner Ideenlosigkeit verzagt und möchte ihm gerne Hilfestellung geben, wenn er es doch könnte.

Oliver Buslau hat einen ungeheuer interessanten und spannenden Krimi geschrieben, der den Leser in eine Epoche Deutschlands abtauchen lässt, die noch gar nicht so lange her ist und die beinahe eine Grundlage des deutschen Charakters liefert, wenn man an die darauffolgenden Sicherheitsbehörden der deutschen Staaten denkt. Spannung und Story, verbunden mit hoher Plausibilität bilden die Grundlage für eine volle Punktzahl.

Buslau, Oliver
Schatten über Sanssoucie
emons, Köln
ISBN 9783897058545

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

Teilen mit: